Aktuelles Kulturprojekt in Berlin-Neukölln: Die Spore-Initiative strebt nach Verbindung zwischen Menschen und Kulturen
Inmitten der chaotischen Hermannstraße in Neukölln fallen die modernen Fassaden aus braunem Klinker und Glas fast deplatziert auf. Seit April hat die Spore-Initiative ein Kulturzentrum auf einem Teil des Jerusalem-Kirchhofs eröffnet.
Das Kulturzentrum, finanziert von der gemeinnützigen Schöpflin-Stiftung, liegt direkt neben dem berüchtigten Anita-Berber-Park, der für seine Drogenszene bekannt ist. Hier entdecken Besucher ein wahres Kleinod. Die Initiative, unter der Leitung von Direktorin Antonia Alampi, hat sich zum Ziel gesetzt, kulturelle Projekte zu schaffen, zu ermöglichen und zu kuratieren.
Alampi betont, dass es weniger darum geht, Kunst und Kultur zu präsentieren, sondern vielmehr Menschen zusammenzubringen, die voneinander lernen und gemeinsam Neues schaffen können. Klimawandel, Klimagerechtigkeit und Bildung spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die Initiative konzentriert sich auf den Dialog und die Gemeinsamkeiten zwischen Gemeinschaften im Globalen Süden und Norden.
Die eigentliche Arbeit begann auf der Halbinsel Yucatán in Mexiko, wo die Initiative mit indigenen Künstlern und Kleinbauern zusammenarbeitete. Ihr Fokus liegt auf der Entwicklung kultureller Werkzeuge, die sich in ständig wandelnden Kunstwerken manifestieren.
Ein Beispiel ist das „Lebendige Seil“, eine hängende Skulptur aus beigen Fäden und Stoffresten, die eine Prophezeiung der Maya-Indigenen verkörpert. Das lebendige Seil verband einst Menschen, Kulturen, Himmel und Erde, bis es von Kolonialisten gewaltsam zerschnitten wurde. Die Zerstörung ist jedoch nicht das Ende; durch kulturelle Praktiken soll das Seil wieder geknüpft werden, um die Menschen untereinander und mit ihrer Umwelt zu verbinden.
Die Spore-Initiative sucht aktiv nach Gemeinsamkeiten und arbeitet mit Schulklassen, wie der Rütli-Schule, zusammen. In Zusammenarbeit mit Künstlern aus verschiedenen Teilen der Welt sind bereits Theaterstücke und Animationsfilme entstanden, die auf den Ausstellungen im Haus basieren.
Eine weitere Ausstellung widmet sich der Wächterbiene in der Maya-Kultur, die eine bedeutende Rolle bei der Bestäubung und Farmarbeit spielt. Auf dem Gelände des Friedhofs experimentiert die Initiative mit Besuchern und Anwohnern in Permakultur und traditionellen Anbaumethoden.
Das Haus bietet nicht nur Ausstellungsräume und ein Café, sondern auch Räume für Workshops und Ateliers. In einer Bibliothek sammelt die Initiative multigenerationale Bilderbücher aus aller Welt. Künstler und Besucher aus verschiedenen Ländern können in zwei Wohnungen einige Wochen verbringen, um vor Ort gemeinsam Projekte zu entwickeln. Ein Auditorium ermöglicht Vorträge, Lesungen und Filmvorführungen.
Alampi betont, dass ihr Konzept auf einem Dialog basiert, bei dem die Idee weniger ist, dass jemand einen Vortrag hält, sondern dass beispielsweise ein Kleinbauer gemeinsam mit anderen gärtnert und dabei seine Methoden vermittelt – und auch neue lernt. Es geht immer um den Austausch und die Verbindung von Menschen, die durch die Spore-Initiative ermöglicht wird.